"Ein Kindergarten für alle Kinder" - Zwischenbericht FaBi
6. Konzeption der wissenschaftlichen Begleitung
- 6.1 Konzeptionelle Überlegung zur Begleitforschung des Assistenz- und Beratungsdienstes
- 6.2 Konzeptionelle Überlegungen einer vergleichenden Untersuchung
- 6.2.1 Einleitung
- 6.2.2 Ziele und Aufgaben / Inhaltliche Schwerpunkte einer vergleichenden Untersuchung
- 6.2.3 Rahmendaten zur Untersuchung
- 6.3 Diskussionsforum

Die Aufgaben der wissenschaftlichen Begleitung im Rahmen des Modellprojekts
"Assistenz- und Beratungsdienst zur Unterstützung der Inklusion von
Kindern mit Behinderung in Regeleinrichtungen sollen im folgenden beschrieben
werden. Die zu bearbeitenden Fragen in den einzelnen Wirkungsfeldern
müssen vor dem Hintergrund einer 50% Stelle betrachtet werden.
Die Entwicklung und Prozessbegleitung des Assistenzprojekts obliegt der
wissenschaftlichen Begleitung. Die näheren Untersuchungsdimensionen sind
im Kapitel 6.1 beschrieben. Darüber hinaus sind zwei weitere
Erhebungsfelder mitzuentwickeln und zu begleiten: eine vergleichende
Untersuchung mit anderen Städten/Landkreisen (Kapitel 6.2) und
fachöffentliche Foren/Runde Tische zur Diskussion und Weiterentwicklung
der Praxis/der Erfahrungen (Kapitel 6.3).
Ein übergeordnetes und allgemeines Ziel der wissenschaftlichen
Begleitforschung besteht in der Aufgabe, gute Rahmenbedingungen für
Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf im Kindergarten zu entwickeln.
6.1 Konzeptionelle Überlegung zur Begleitforschung des Assistenz- und Beratungsdienstes
Ziel des Projekts ist es, die Erfahrungen in der Entwicklung des Assistenzdienstes und in der Umsetzung der Richtlinien zu sammeln und auszuwerten und daraus Standards und Rahmenbedingungen für einen Beratungs- und Assistenzdienst zur Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf zu formulieren. Die Erfahrungen und Ergebnisse sollten im Hinblick auf die Übertragbarkeit auf andere Landkreise / Regionen erhoben und ausgewertet werden.
Zentrale Fragestellungen:
- Wie verlaufen Integrationsversuche im Kindergarten? (Positive Wege, Konflikt- bzw. Problemfelder und Perspektiven)
- Wie gestalten sich die Verhandlungen mit den Trägern über Leistungsvereinbarungen?
- Wie gestalten sich die Kooperationen mit den ErzieherInnen in den Einrichtungen?
- Welche Begleitung / Beratung benötigen die Erzieherinnen und Einrichtungen in der Praxis?
- Welche Begleitung benötigen die Inklusionsassistentinnen?
- Wie gestalten sich die Kooperationen und Absprachen mit anderen Diensten, z.B. Frühförderung, Schulkindergarten etc.?
- Welchen Bedarf formulieren Eltern in der Zusammenarbeit mit dem Assistenzdienst?
- Welche Zielgruppen von Inklusionberechtigten sind im Kindergarten der Untersuchungsgebiete vertreten und welche Entwicklungen sind in den letzten Jahren in bezug auf die unterschiedlichen Gruppen zu verzeichnen?
a) Integrative Gruppen:
b) "Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen" Eingliederungshife: BSHG § 39
c) "Kinder mit seelischen Behinderungen" (KJHG)
d) Kinder im Schulkindergarten.
Im Vordergrund dabei stehen folgende Detailfragen:
Die Bearbeitung dieser Fragestellung könnte Hinweise ergeben, wie die
Praxis auf Veränderungen von gesetzlichen Rahmenbedingungen reagiert oder
mit anderen Worten: was bewirken die Pauschalen im Rahmen der Förderung
von Inklusion und Exklusion.
Für diese Fragestellungen könnten Daten aus dem Sozialministerium/LWV
als Grundlage dienen. Anhand von Aktenstudien könnten die Entwicklungen
auf einer vergleichbaren und abgesicherten Basis dargestellt werden. Eine
schriftliche Befragung der einzelnen Träger ist sowohl für die
wissenschaftliche Begleitung als auch für die Träger zu
aufwändig. Außerdem ist zu erwarten, dass die Zahlen nicht ohne
weiteres zu Verfügung gestellt werden können, da sie an
unterschiedlichen Orten gesammelt werden.
- Unter welchen Bedingungen und Voraussetzungen werden Assistenzleistungen
für die Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf gewährleistet und
welche Rahmenbedingungen sind erforderlich und wünschenswert?
Die Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf im Kindergarten wird durch die Pauschalen unterstützt. Zunächst bleibt es offen wie die Träger, die Unterstützung organisieren, welche Anforderungen an die InklusionsassistentIn gestellt werden, ob sie Honorarverträge abschließen oder Festanstellungen anbieten etc.
Jedoch ist die Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf auch entscheidend von anderen Faktoren abhängig, wie z.B. die Haltung der ErzieherInnen zum gemeinsamen Alltag, die Begleitung der ErzieherInnen, welche Mitwirkung den Eltern der Gruppe übertragen wird, welche Ressourcen im Umfeld organisiert werden usw. - Wie sind die Pauschalen und Integrationshilfen zu bewerten?
In diesem Kontext sind folgende Fragestellungen besonders zu berücksichtigen: - Was bewirken die Pauschalen in der Praxis?
- Wie können die Beteiligten in der Umsetzung von Inklusion unterstützt werden?
- Welche Ressourcen und Ausstattungen sind für einen Beratungs- und Assistenzdienst erforderlich, um eine qualifizierte und kostendeckende Vermittlung und Begleitung zu gewährleisten?
6.1.1 Bestandsaufnahme/Bedarfsermittlung:
Exemplarische Situationsanalyse des Untersuchungsgebiets: Stadt- und Landkreis Reutlingen
a) Bestandsaufnahme von integrativen Prozessen im Stadt/Landkreis in Reutlingen
Für die Etablierung des Beratungs- und Assistenzprojekts scheint es
sinnvoll, festzustellen, welcher Bedarf im Landkreis Reutlingen dauerhaft
gesehen wird. Dies würde eine Orientierung in bezug auf die Suche und
Qualifizierung von AssistentInnen ermöglichen.
Die Schwierigkeit besteht darin, dass für die Informationsgewinnung
unterschiedliche Quellen zur Verfügung stehen, u.a.
Kindergartenträger, Sozialämter, Gesundheitsamt,
Frühförderstellen und Eltern, die z.T. nicht leicht zugänglich
sind
Während die Institutionen über Fragebögen erreichbar sind,
können Eltern ausschließlich über die Presse, Aktionen oder
über Vereine und Initiativen angesprochen werden.
b) Exemplarische Falldarstellungen (Entscheidungsstrukturen -
Kooperationserfahrungen - Zugänge und Widerstände)
Exemplarische Situationsanalysen werden in die Erhebung mitaufgenommen, um an
Einzelbeispielen den gesamten Verlauf zu dokumentieren und eine dichte
Beschreibung von Prozessen zu bieten.
Zum Einstieg in exemplarische Untersuchungen sind folgende Fragen im Vorfeld zu
klären:
Fragen an den Kindergartenträger:
- Welche Motive haben Kindergartenträger, Kinder mit Assistenzbedarf aufzunehmen?
- Welche Bilder über "Behinderung" sind sichtbar?
- Welche Fragen, Probleme und Perspektiven sind im Vorfeld vorhanden?
- Welche Art von Hilfe/Unterstützung wird von dem Assistenzdienst erwartet?
- Welche Veränderungen sind aus Sicht der ErzieherInnen notwendig?
Fragen an die Eltern:
- Welche Gründe haben die Eltern, ihr Kind in einem Regelkindergarten anzumelden?
- Welche Erwartungen und Ängste haben die Eltern in bezug auf die Inklusion im Kindergarten?
- Welche Veränderungen und neue Arrangements ergeben sich durch die Inanspruchnahme eines Regelkindergartens?
In diesen Einzelsituationen wird die wissenschaftliche MitarbeiterIn den Prozeß vor Ort soweit wie möglich direkt mitbegleiten, so dass ein unabhängiges Bild sowie der direkte Austausch mit den Beteiligten möglich ist. In ausgewählten Situationen werden zusätzlich teilstandisierte Interviews mit den Beteiligten durchgeführt.
6.1.2 Dokumentationsverfahren im Assistenzdienst
Die MitarbeiterInnen des Projekts erhalten für die Dokumentation von Prozessen
Erhebungsbögen/Vorlagen, in denen u.a. die Arbeitsaufgaben in ihren
zeitlichen Dimensionen erfaßt, die Kooperationsanbahnung und -entwicklung
im Verlauf dokumentiert und die Akquisition von InklusionsassistentInnen in
bezug auf Bedarf und Angebot festgehalten werden.
Neben den schriftlichen Dokumenten, die von der wissenschaftlichen Begleitung
ausgewertet werden, bilden Reflexionsgespräche mit den MitarbeiterInnen
eine Grundlage für die zentralen Fragen (siehe oben) im Projekt. Hierzu
werden anerkannte Evaluationsverfahren der Praxisforschung herangezogen.
6.2 Konzeptionelle Überlegungen einer vergleichenden Untersuchung
6.2.1 Einleitung
Das Projekt hat die Aufgabe, die Umsetzung der Richtlinien an einem konkreten Projekt "Assistenz- und Beratungsdienst" der Arbeitsgemeinschaft Integration in Reutlingen zu begleiten. Über die regionale Situation hinaus scheint es sinnvoll zu sein, unterschiedliche Situationen in den Vergleich mit einzubeziehen, um die Umsetzung der Richtlinien vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Organisationsstrukturen und deren jeweiligen Auswirkungen zu untersuchen.
Ein Vergleich wird der überregionalen Bedeutung des Anliegens gerecht, muß sich aber aufgrund der finanziellen Ressourcen auf zentrale Fragestellungen beschränken.
6.2.2 Ziele und Aufgaben / Inhaltliche Schwerpunkte einer vergleichenden Untersuchung
* Zwei Schwerpunkte im Vergleich sollten besonders beachtet werden:
a) die Art der Assistenzleistungen
b) die Organisation der Assistenzleistungen
* Der Vergleich der Situationen soll die Möglichkeiten von
unterschiedlichen Organisationsstrukturen ausloten. Dabei wird der Blick darauf
gerichtet, welche Konsequenzen eine externe bzw. interne Organisation der
Assistenz mit sich bringen.
Der Vergleich der Landkreise bezieht sich auf Integrationssituationen im Kindergartenbereich. In einer Befragung werden der konkrete Unterstützungsbedarf, die bewilligten Mittel, die Qualifikation der InklusionsassistentInnen etc. erfasst und die ersten Erfahrungen nach der Einführung bzw. Veränderung der Rahmenrichtlinien erfragt.
Im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung mit den beteiligten VertreterInnen der Landkreise sollen in Form einer Zukunftswerkstatt bzw. -konferenz die positiven Entwicklungen, die Widersprüche und möglichen Perspektiven thematisiert, festgehalten und ausgewertet werden.
Im Rahmen des Projekts soll den VertreterInnen der Vergleichsorte auch eine
Plattform für ihre eigenen Darstellungen angeboten werden.
Mögliche Fragestellungen im vergleichenden Forschungsbereich
Welche Konsequenzen und Auswirkungen haben interne bzw. externe
Organisationsmodelle der Assistenz?
a) Welche Wege eröffnen die jeweiligen Organisationsmodelle?
b) Welche Entscheidungsprozesse und Barrieren treten im Verlauf der
Organisation auf?
c) Wo entstehen Situationen, die nicht zur Integration führen?
d) Wege der Exklusion: Wie viele Kinder werden in Schulkindergärten
aufgenommen und welche Gründe gab es für diese Entscheidung?
6.2.3 Rahmendaten zur Untersuchung
Standortauswahl
Die Auswahl der Landkreise soll nach folgenden Kriterien erfolgen
- historisch unterschiedliche Konzeptionsentwicklung und Erfahrungen zur
Integration von Kindern mit Assistenzbedarf in Regeleinrichtungen (vor der
Einführung der Pauschalen), langjährige Tradition von
Integrationserfahrung;
- unterschiedliche Trägerschaften von Assistenzanbietern, (z. B.
Kindergartenträger, Elternvereine, private Unternehmen), externe bzw.
interne Organisationsstrukturen von Assistenzleistungen;
- Mischung aus städtischem und ländlichem Raum.
Aufgrund der begrenzten zeitlichen Ressourcen soll der Vergleich auf 3 Größen beschränkt werden. Die Standorte Heidenheim, Tübingen werden als Vergleichsorte zu Reutlingen vorgeschlagen.
Auswirkungen:
Wir versprechen uns von einer Kooperation, dass
- die Möglichkeiten und Grenzen in der Umsetzung der Richtlinien in der Praxis in ihrer Vielfalt und Differenziertheit erfaßt werden.
- der Austausch über die jeweiligen Erfahrungen mit den Richtlinien intensiviert werden kann.
- ein Vergleich eine fundierte und tragfähige Basis für die Ergebnisse liefern kann und diese somit in ihrer politischen Wirkung nicht als Einzelfälle etc. behandelt werden können.
Kooperationsverständnis:
Wir verstehen die Kooperation als eine Möglichkeit, verschiedene
Interessen zu bündeln.
Wir erwarten eine Zusammenarbeit in den dargestellten Erhebungsbereichen.
Wir bieten den Beteiligten:
- eine Plattform, um ihre Einrichtung und Erfahrungen darstellen zu können;
- einen gemeinsamen Erfahrungsaustausch mit KollegInnen;
- eine Beteiligungsmöglichkeit zur Förderung der Inklusion von Kindern mit und ohne Assistenzbedarf.
6.3 Diskussionsforum
Das Projekt bietet eine Plattform für einen fach-politischen Diskurs, der
sich mit der Weiterentwicklung der gegenwärtigen Rahmenbedingungen
beschäftigt. Hierzu sollen zunächst die vorhandenen Strukturen
genutzt werden und von einem geplanten Forum Abstand genommen werden, da sich
die GEW bemüht, dieses Forum zu etablieren und ein weiteres keinen Sinn
ergibt.
Deshalb werden wir ein virtuelles Forum einrichten, um den verschiedenen
InteressentInnen eine Gelegenheit bieten, sich zu informieren, aber auch eigene
Erfahrungen zu präsentieren oder auch Diskussionen anzuzetteln.