"Ein Kindergarten für alle Kinder" - Zwischenbericht FaBi

2. Gesamtkonzeption - Beschreibung des Projekts


2.1 Kurze Beschreibung der Projektintention

Auf dem Hintergrund der positiven Entwicklungen im Bereich der Integration von Kindern mit Behinderungen im Kindergartenbereich in Baden-Württemberg (Kindergartengesetz, Umstrukturierung der Eingliederungshilfe) entwickelte die Arbeitsgemeinschaft Integration Reutlingen e.V. zusammen mit der Evang. Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg in Absprache mit Stadt und Landkreis eine Konzeption für einen Beratungs- und Assistenzdienst zur Unterstützung der Inklusion von Kindern mit Assistenzbedarf in Kindertagesstätten in Stadt und Landkreis Reutlingen (vgl. Projektkonzeption 2000).

Ausgangspunkt der Überlegungen waren die Erfahrungen der AGI in den letzten 20 Jahren, die zeigten, dass Integration in Einzelfällen im Kindergarten möglich war. Obwohl schon an anderen Orten vor Einführung der Eingliederungsrichtlinien die zuständigen Stellen in der Kommune bzw. im Landkreis gute Rahmenbedingungen für Integration im Kindergarten geschaffen haben, sahen wir hier in Reutlingen eine besondere Herausforderung, die Richtlinien zu erproben und für bessere Integrationsmöglichkeiten zu sorgen.

Das Bemühen um dieses Projekt war auch mit der Sorge verbunden, dass sich vor Ort, ohne eine Initiative von außen, wenig in Richtung Integration entwickeln würde. Diese eher pessimistische Einschätzung geht aus den jahrelangen Erfahrungen der AGI in den vor(schulischen) Lebensbereichen hervor. Rechtzeitig hat sich deshalb der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Integration in Zusammenarbeit mit der Evang. Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg um ein Modellprojekt bemüht, damit eine innovative Kraft im Landkreis integrative Überlegungen für den Vorschulbereich entwickelt.

Die bisherige Forschungspraxis bzw. durchgeführten Modellprojekte in den verschiedenen Lebensbereichen (z. B. Beschäftigung, Wohnen) waren ein wichtiger Bestandteil zur Praxisentwicklung. Wie in den bisherigen Projekten sehen wir auch mit dem Modellprojekt "Inklusion im Kindergarten" eine Herausforderung, einen Beitrag über den lokalen Bezug hinaus zu leisten.

2.2 Zielsetzung

Für das Modellprojekt wurden im Vorfeld (vgl. Projektkonzeption im Anhang) folgende Kernziele entwickelt:

  1. ORGANISATION DER ASSISTENZ: Im Vordergrund steht die Gründung eines unabhängigen Inklusionsfachdienstes, der die Assistenzaufgaben koordiniert und begleitet, sowie die MitarbeiterInnen in Kindergärten und die Eltern bei der Integration von Kindern mit Beeinträchtigungen / Behinderungen in allen Belangen unterstützt. Primäres Ziel ist der Aufbau eines AssistentInnenpools und AssistentInnennetzwerks.

  2. BERATUNG VON BETEILIGTEN: Neben der Organisation der Assistenz liegt ein wichtiges Ziel in der Beratung von Eltern, ErzieherInnen, Trägern im Vorfeld und in bestehenden Situationen, um Kindern mit und ohne Behinderungen im Alltag angemessene Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen und die Integrationsfähigkeit der Einrichtungen und des sozialen Umfelds zu stärken.

  3. KOOPERATION: Grundlegendes Verständnis des Assistenz- und Beratungsdienstes ist dessen Einbettung in die vorhandenen und gewachsenen Strukturen der Unterstützung. Eine Zusammenarbeit mit den Fachdiensten von Kindergartenträgern, sonderpädagogischen und interdisziplinären Frühförder- und Beratungsstellen sowie die Kooperation mit heilpädagogischen Praxen und medizinischen Diensten ist Voraussetzung für ein konstruktives und effektives Angebot. Ziel der Vernetzung ist es, einen für das Kind und ihre Familie transparenten und zügigen Entscheidungsprozeß zu erreichen und die unterschiedlichen Unterstützungs- und Beratungsangebote im Sinne der selbstverständlichen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu nutzen.

  4. ÖKONOMISCHE RAHMENBEDINGUNGEN DES FACHDIENSTES / WIRTSCHAFTLICHKEIT: Aus ökonomischer Sicht besteht ein großes Interesse, den Fachdienst so zu führen, dass die Wirtschaftlichkeit des Projekts erfüllt wird und der Dienst sich nach spätestens drei Jahren selbst trägt. Unter dieser Prämisse ergeben sich Fragestellungen, die sowohl die Möglichkeiten der Eingliederungshilfe als auch die Höhe der Fachleistungsstunden oder die Einstufung von AssistentInnen u.a. betreffen. Ein Ziel des Projekts ist es deshalb, Rahmenbedingungen für die Organisation und Begleitung von AssistentInnen zu schaffen bzw. zu nennen, unter denen die Integration von Kindern mit Assistenzbedarf im Kindergarten ermöglicht werden kann.

  5. WISSENSCHAFTLICHE BEGLEITUNG: Die Erprobung des Modellprojekts wird im Auftrag des Landeswohlfahrtsverbands Württemberg-Hohenzollern wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Dabei sollen die Erfahrungen bei der Umsetzung der Richtlinien dokumentiert und analysiert werden, damit die Möglichkeiten und Grenzen, Veränderungen und Widersprüchlichkeiten sichtbar werden.

2.3 Zielgruppen

Der Assistenz- und Beratungsdienst bietet für die unterschiedlichen Zielgruppen ein differenziertes Leistungsangebot an. Für Kindergartenträger organisiert er die Suche, Anstellung und Begleitung der AssistentInnen. In der Praxis ist die Beauftragung durch einen Kindergartenträger der letzte Baustein eines längeren Projekts und im wesentlichen mit formalen Inhalten verbunden. Die Weichen werden zuvor gestellt, so dass besonders die Kindergartenleitung, Frühförderstellen, Fachberaterinnen, Erzieherinnen, Eltern etc. - also eine vielfältige Gruppen von Beteiligten - im Vorfeld eine Kooperation mit dem Assistenz- und Beratungsdienst suchen. Diese Kooperation im Vorfeld von Entscheidungsprozessen legt eine breit angelegte Kooperation mit allen zuständigen Fachstellen im Kindergartenbereich nahe und bleibt auch während der Begleitung von Integrationssituationen im Kindergarten eine wichtige Basis.

Im Bereich der Aquise werden besonders Frauen angesprochen, die einen Wiedereinstieg in den Beruf bzw. in den Berufsalltag verfolgen. Im Rahmen der Möglichkeiten übernehmen die MitarbeiterInnen des Fachdienstes außerhalb ihres Dienstauftrags auch auch Fortbildungsangebote für ErzieherInnen im Kindergarten und für Erzieherinnen in Ausbildung.

2.4 Modellprojekt

Das Landesjugendamt Württemberg-Hohenzollern und das Landessozialamt haben auf Vorschlag der Arbeitsgemeinschaft Integration Reutlingen e.V. in Abstimmung mit der Leitung der Sozialämter in Stadt und Landkreis beschlossen, diese
Richtlinien in Reutlingen modellhaft zu erproben. Dazu wurde zunächst ein Beratungs- und Assistenzdienst (FABI) eingerichtet, der mit den öffentlichen und privten Kindergartenträgern zusammenarbeitet.